Antike

Näher als das alte Ägypten ist uns in manchem die griechische und römische Antike. Vieles was in der Antike als Ideal menschlicher Gestalt und Gesichtszüge postuliert wird, wird später prägend für die Kultur des Abendlandes. In der Renaissance orientiert man sich an antiken Ideen und Vorbildern. Auch in späteren Jahrhunderten gefallen die griechischen und römischen Schönheitsvorstellungen und beeinflussen das Schönheitsempfinden.

Bild links: Die berühmte Venus von Milo (um 100 v. Chr.)
Bild rechts: Die Venus vom Esquilin (um 1. Jh. v. Chr.)

Griechen und Römer beschäftigen sich intensiv mit der Frage, was Schönheit ausmacht, wie der ideale Körper und das schöne Gesicht beschaffen sein müssen. Männliche Schönheit ist nicht weniger bedeutsam als weibliche und für beide Geschlechter gibt es einen Schönheitskanon. Wichtig ist für Mann und Frau die harmonische Ausgewogenheit und Wohlproportioniertheit des Körpers.

Bild links: Ausschnitt aus der berühmten Laokoon-Gruppe (1. Jh. v. Chr.)

In der Antike sollen Frauen anmutig und schlank sein, mit einer Haut, die "weißer als Elfenbein" (Homer) ist. Sonnengebräunte Haut wird bei Frauen als vulgär empfunden - gleichzeitig ist helle Haut ein Ideal, das schwer zu erreichen ist. Denn Römerinnen und Griechinnen besitzen von Natur aus eine dunklere Haut als zum Beispiel ihre Sklavinnen aus Germanien, die sie um ihren hellen Teint beneiden. Und wer noch dazu gezwungen ist, im Freien auf dem Feld zu arbeiten, wird zwangsläufig braun - ein Zeichen für einen niedrigen sozialen Status. Ein blasser Teint ist also auch ein Statussymbol und gilt schon deswegen als begeherenswert. Für römische und griechische Männer gilt dieses Ideal jedoch nicht. Männliche Haut gilt vielmehr als weibisch, wenn sie hell ist; der Körper des Mannes soll signalisieren, dass er durch ein aktives Leben im Freien, durch Sport, Jagd und Kriege geformt worden ist. Entsprechend gilt bei Männern nicht nur eine gebräunte Haut, sondern auch ein sehr muskulöser Körper als attraktiv.

Bereits die alten Ägypter legten großen Wert auf eine geschmeidige, gepflegte Haut. Das bekannteste Beispiel ist Kleopatra, der man nachsagt, sie bade ihren Körper in Eselsmilch. Auch bei Griechen und Römern legt man viel Wert auf Sauberkeit und pflegt sich mit Salben und Ölen, um die Haut geschmeidig zu halten. Zahlreiche Rezepte zur Hautpflege sind überliefert. Besonders die oberen Gesellschaftsschichten scheuen keinen Aufwand bei der Zubereitung und Anwendung von Gesichtsmasken, Bädern und Salben.

Besonders wichtig: Wer schön sein will, muss Jugend ausstrahlen. Zeichen des Alters und des Verfalls werden mit den verschiedensten Kosmetika, mit Cremes, Haarfärbemitteln, Perücken und anderem überdeckt.

Lukian von Samosata spottet im 2. Jahrhundert (n. Chr.):

"Wer die Frauen sähe, wie sie am Morgen aus dem Bett kommen, der würde sie hässlicher finden als Affen. Darum schließen sie sich sorgfältig zu Hause ein und sind für kein männliches Wesen sichtbar [...] Diese Frauen waschen nicht mit einem Guss frischen Wassers die Schläfrigkeit fort und gehen sodann an eine ernsthafte Arbeit, nein, Puder in verschiedenster Zusammensetzung müssen die unerfreuliche Gesichtsfarbe aufhellen [...] Da sind silberne Schüsseln, Krüge, Spiegel, eine Menge von Büchsen wie in einer Apotheke, Gefäße voll von vielerlei heillosem Zeug, in denen Zahnputzmittel oder Farben zum Schwärzen der Augenlider bereitgehalten werden." (nach: Schwarzkopf GmbH (Hrsg.) (1995). Die Sehnsucht nach Vollkommenheit, Argon, S. 85)

Antikes Make-up

Handbücher verbreiten Tipps und Rezepte zur Schönheitspflege. So empfiehlt der römische Dichter Ovid z. B. eine Salbe aus Gersten- und Weizenmehl, Eiern, gemahlenen Hülsenfrüchten und Hirschgeweihen, Harzen, den Zwiebeln der Narzisse, Honig und Gummi. Ob die „Hirschgeweih-Salbe“ geholfen hat, ist nicht überliefert. Immerhin dürfte sie wenigstens nicht geschadet haben. Denn in der Antike werden Mittel zur Verschönerung und Pflege genutzt, die zwar natürlichen Ursprungs, aber nicht immer ungefährlich sind, wie das Beispiel des Bleiweiß zeigt. Bleiweiß ist stark toxisch und führt langfristig zu schweren Hautschädigungen - doch das ist in der Antike noch weitgehend unbekannt. Es ist ein wichtiger Bestandteil antiker Kosmetika, weil es der Haut den begehrten hellen Teint verleiht. Das Bleipulver vermischen Frauen im Römischen Reich mit Honig und verschiedenen fetten Substanzen. Dazu benutzen sie spezielle Schälchen und Schüsseln, von denen heute noch zahlreiche Funde zeugen. Diese helle Grund-Paste wird dann mit verschiedenen Farben variiert.

Um der Creme einen rötlichen Ton zu verleihen (v. a. für das Färben der Lippen), rührt man Färbemittel wie roten Ocker oder Salpeter ein. Für das Färben der Lippen wird auch ein kostbarer Farbstoff benutzt, den man aus dem stinkenden Schleim der Purpurschnecke (einer Seeschnecke) gewinnt. Um die Haut zum Glänzen zu bringen, streut man zerkleinertes, blaugraues Hämatit (Eisenerz) auf das Gesicht. Mit Ruß färben die Römerinnen Wimpern und Augenbrauen, um deren Kontur zu betonen; auf die Augenlider tagen sie grüne oder blaue Farbe auf. Grüne Farbpigmente werden beispielsweise aus pulverisiertem Malachit – einem Edelstein – gewonnen.

Mit etwas Rouge macht man die Wangen rosig. Auch eine Art Nagellack ist bereits bekannt: Ihre Fingernägel färben sich die Römerinnen gerne in Rottönen. Von der weiß gepuderten Haut über blaue oder grüne Lidschatten bis zu rot gefärbten Lippen und Fingernägeln - mit Natürlichkeit hat das weibliche Schönheitsideal im alten Rom nur noch wenig zu tun und ist im Gegensatz zum Ideal der alten Griechen sogar ziemlich künstlich.

Bild: Ein römischer Schminktopf aus Elfenbein, in dem Kosmetika aufbewahrt wurden, und zwei silberne Spatel zum Auftragen von Make-up.

Eselsmilch für die Schönheit

Von Plinius dem Älteren (23 - 79 n. Chr.) sind etliche Schönheitstipps überliefert. Falten beispielsweise bekämpfen die Römerinnen mit Eselsmilch:
"Eselsmilch soll die Falten im Gesicht beseitigen und es weich und weiß machen. Manche Frauen behandeln ihr Gesicht damit siebenmal am Tag. Poppea, die Frau des Kaisers Nero, fing diese Mode an; sie gab die Eselsmilch auch ins Badewasser, so dass sie auf ihren Reisen immer Eselsherden mit sich führte."
Der Rat gegen Pickel: "Pickel lassen sich entfernen, wenn man sie mit Butter bestreicht, die man vorher mit Blei gemischt hat."
Gegen Geschwüre im Gesicht: "Geschwüre im Gesicht behandelt man mit der noch warmen Plazenta einer Kuh."
Gegen Flechten im Gesicht: "Eine Paste aus Geschlechtsteilen von Kälbern wird in Essig und Schwefel gelöst und mit dem Zweig einer Feige vermischt; zweimal am Tag auftragen."
Zitate aus: Liberati, A. M. & Bourbon, F. (1996). Rom. Weltreich der Antike, S. 89.

Antikes Haarlosigkeitsideal

Als unästhetisch gilt jegliche Art von Körperbehaarung - nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern. Denn einen behaarten Körper haben nach Auffassung der Alten Griechen und Römer nur die Barbaren. Zur Entfernung von Körperhaaren benutzt man in der Antike einfache Bronzemesser als Rasiermesser. Die Alternative ist das Epilieren. Dabei zupft man jedes Härchen einzeln mit einer Pinzette heraus. Bei den Alten Römern lässt man diese mühsame Arbeit von Sklaven erledigen - bevorzugt in Thermen, wo römische Bürger ohnehin einen Großteil ihrer Zeit verbringen. Vor der unangenehmen Behandlung nehmen die Römer verschiedene Bäder, denen Parfüms aus Lilien, Narzissen, Rosen, Iris, Kardamom oder Moschus zugesetzt waren, um die Haut entspannt und geschmeidig zu machen. Andere Enthaarungsmethoden im Alten Rom sind Waxing mit Bienenwachs sowie Enthaarungscremes, die hochgiftiges Arsen enthalten. Das Arsen führt jedoch nicht nur zum gewünschten Ausfall der Körperhaare, sondern langfristig auch zu unschönen dunklen Flecken auf der Haut (zusätzlich zu Langzeitfolgen wie Nierenschäden, Nervenentzündungen und Krebs). Durch die Eroberungen des antiken Roms gelangt mit der römische Bade- und Körperkultur auch das Haarlosigkeitsideal in weite Teile Europas, Nordafrikas und den Orient.

Wer also den aktuellen Trend zum unbehaarten Körper - bei Frauen ohnehin, aber mittlerweile ja auch bei Männern - für eine Mode hält, die aus den USA nach Europa gekommen ist, hat zwar einerseits Recht. Andererseits übersieht er damit, dass der Trend zur Haarlosigkeit - gerade auch bei Männerkörpern - eine uralte Tradition hat und in der Antike während eines halben Jahrtausends lang als ein Schönheitsideal gilt, das für jeden zivilisierten und kultivierten Menschen als Selbstverständlichkeit angesehen wird.

Kleidung

In der Antike tragen Männer und Frauen Kleidung, die durch die die langen Stoffe und den Faltenwurf die Figur stark verhüllt und kaschiert. Römische Frauen tragen tunika oder eine länger geschnittene stola. Darüber tragen sie eine "palla", ein großer rechteckiger Wollstoff, der über die Schultern gewickelt und oft auch über den Kopf gezogen wird. Unter der Tunika tragen sie eine ärmellose Untertunika und ein strophium, ein weiches Lederband um die Brüste, ein Vorläufer des heutigen BH. Durch das Lederband wird der Busen gehalten und angehoben. Somit wird das schlaffe Hängen der Brüste (ein typisches Alterskriterium) vermieden und der Oberweite künstlich eine straffe und jugendliche Erscheinung verliehen. Beim Baden und beim Sport tragen Römerinnen eine fascia pectoralis (eine Art BH) und subligar (Slip). Der Bikini ist also nicht erst eine Erfindung des 20. Jahrunderts, sondern schon über Zweitausend Jahre alt.

 

Bild: Bronzestatue einer Frau mit einem strophium, einem antiken römischen BH.

Bild: Römische Frauen im Bikini beim Sport , Mosaike aus der Villa Romana del Casale (um 350 n. Chr.).

Modische Frisuren

Aufwändige Frisuren tragen sehr zur weiblichen Attraktivität bei, und viele Dichter loben die Haarpracht als Zeichen der Schönheit. Die Frisurmode ändert sich mit der Zeit und hängt auch vom Alter und sozialen Status der Frau ab. Eines jedoch gilt immer: Eine Frau muss unbedingt lange Haare haben. Mit verschiedenen Kämmen, Haarnadeln und Pflegemitteln gestalten die Frauen ihre Haare zu kunstvollen Frisuren. Benutzt werden auch Bänder, Netze, Perücken und Haarteile, damit die Frisuren voluminöser wirken. Ebenso färben und bleichen die Römerinnen ihre Haare. Besonders beliebt ist kupferblonde Haarfarbe - wie sie die Germaninnen haben.

Bild links: Römische Frauen tragen häufig sehr aufwändige und komplizierte Frisuren. Unter Kaiser Augustus wird es Mode, das Haar erst zu flechten und dann zu einem Knoten zusammenzubinden. Später (1. Jh. n. Chr.) wird die Haarmode noch kunstvoller und ganze Lockenprachten türmen sich auf den Köpfen. Kunstvolle Lockenfrisuren wie im Bild rechts entstehen mit Hilfe des calamistrum, einer Brennschere, die in einem Becken mit glühenden Kohlen erhitzt wird.

Vieles von dem, was wir heute zur Körperpflege und -verschönerung benutzen, hatten auch schon die Römer vor ca. 2000 Jahren - wenn auch in etwas einfacheren Form. Vom Make-up bis zum Lockenstab (calamistrum = Brennschere) - das alles ist keine Erfindung der Moderne. Auch die Kritik am Schönheitskult ist kein neues Phänomen. Als z. B. die Römerinnen auf die Idee kamen, ihre Attraktivität durch das Stechen von Ohrringen zu steigern, lästerte Plinius der Ältere über den neumodischen Piercing-Wahn:
"Außerdem führte man die Sitte ein, die Ohren zu durchstechen: Es genügt offensichtlich noch nicht, Perlen um den Hals, im Haar und an den Händen zu tragen, sie müssen auch in den Körper gesteckt werden." (Weeber, K.-W., 2009, Luxus im alten Rom. Primus)

Bereits im alten Rom gab es also einen ausgeprägten Körperkult. Und ebenso Kiritiker, wie den Schriftsteller Valerius Maximus (1. Jh. n. Chr.),  der diese "Putzsucht" anprangerte und sich Gedanken über seine Ursachen macht. Den Erfolg der Frauen bei der Aufhebung der lex oppia (ein Gesetz, das u. a. die Freiheit, Schmuck zu tragen, eingeschränkt hatte und gegen das sie erfolgreich demonstriert hatten):

"Hätte man damals erkannt, wie weit es die Frauen noch treiben würden mit ihrem Verlangen nach verschwenderischem Prunk und Aufwand, der tagtäglich durch immer kostspieligere Neuheiten gemehrt wird, dann hätten die Väter des Gesetzes der Luxusleidenschaft gleich am Anfang Einhalt geboten. Doch was soll ich noch weiter von den Frauen reden: Sie werden ja dazu getrieben, ihren ganzen Eifer auf die Verschönerung ihres Äußeren zu wenden, einmal durch ihre geistige Schwäche und dann dadurch, dass man sie von jeder ernsthafteren Beschäftigung ausschließt! Freilich sehe ich, dass auch Männer, geistig durchaus hoch stehend, aus berühmter Familie, einen Aufwand treiben, der mit althergebrachter Sitte nichts zu tun hat!" (Valerius Maximus. Facta et dicta memorabilia - Denkwürdige Taten und Worte, Reclam)

 

Buchtipp:

Weeber, Karl-Wilhem (2009). Luxus im alten Rom: Das alte Rom / Luxus, Pracht und Dekadenz.
Zwei üppig bebilderte Bände über die verschwenderische und dekadente Lebensführung der römischen Obersicht in der Antike.
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